Kolumne XX: Halt ! Stehenbleiben !

… und warten. Warten, dann eine Pause. Egal, ob eine Minute, eine Woche, einen Monat, ein Jahr. Dann wieder warten. Damit sollte irgendwann einmal Schluss sein, aber Pustekuchen, nix da. Es wird weiter gewartet.

Schlafen ist Warten aufs Aufwachen und Wachsein ist Warten auf den Tot.
Auf letzteren mag niemand wirklich gerne warten, da sucht man sich das Warteziel doch lieber aus und wartet auf den Austrieb seiner Bäume, die Blüte, den zweiten Austrieb, den Laubfall oder die richtige Umtopfzeit. Oder im Kleinen auf den richtigen Tag zum Schneiden, das richtige Wetter zum Düngen, die richtige Uhrzeit zum Giessen. Gemacht wird wenig bezogen auf einen Baum, es wird zumeist nur gewartet.

Bonsai-Experten raten einem auch immer wieder zum Warten. Den Baum beobachten und kennenlernen. Mal gucken, was der Baum bis zum nächsten Frühjahr für Optionen aufzeigt usw usw. Na, wartet ihr schon auf das Ende der Kolumne ? Die Punch-Line ? Wartet kurz, kommt gleich.

Obwohl wir dauernd warten, sind wir trotzdem immer zu spät. „Was, schon so heiss ? Ich muss giessen !“. „Och, schon wieder so viel Unkraut. Ich muss zupfen“. Und trotten nur hinterher. Die richtige Schale steht seit zwei Jahren im Schrank, dann beim Umtopfen kann die eine Wurzel aber nicht weg und deshalb passt die Schale doch nicht. Oder die Pflanzposition. Mist, neue Schale, wieder warten. Wir reagieren also nur. Mit Fachwissen und Vorahnung zwar, Fachwissen ist aber nur Theorie und die Praxis eben oft nur Ahnung. Bzw. Reaktion auf das Unerwartete mit anschliessendem und erneutem Warten.

Nun ist die Frage, ob das Warten an sich schlecht ist. Nunja, es ist langweilig, zweifelslos. Irgendwie auch verblödend, wenn man sich während des Wartens keinerlei Gedanken macht. Auf jeden Fall verlängert es die gefühlte Zeit auf diesem Planeten. Allerdings fragt ich mich schon, ob sich das überhaupt lohnt, wenn diese Zeit nur aus Warten besteht. Die Buddhisten und Esoterik- oder Religionsanhänger haben das Warten zur Kunst erhoben und die Leere des Geistes sowieso. Tai-Chi ist Warten auf die nächste Bewegung. Meditation ist Warten auf die innere Ruhe. Entschleunigung verhindert das Warten auf den Burn-Out, ratet mal durch was. Exakt, durch Warten. Und Bonsai ist Warten auf den nächsten Gestaltungsschritt.

Die deutsche Sprache hilft mir aber hier aus und hat eine zweite Bedeutung für das Warten. Beruflich „warte“ ich nämlich technische Anlagen und dadurch löst sich mein Dilemma. Warten ist nämlich nicht gleich Warten. Warten ist nicht dröge oder generell zu vermeiden. Warten ist Fürsorge, Warten ist Beobachtung, Warten ist die Vorstufe zur Pflege. Warten ist die Vorbereitung auf das Kommende.

Und wer mag, darf mich ab jetzt „Bonsai-Admin“ nennen, das erleichtert mir dann das Warten.

… weiter …